Wohnungsnot, steigende Zinsen und Baukosten, Mietexplosion und ein Bodenmarkt der für gemeinnützige Wohnbauträger fast nichts mehr hergibt: Die Situation auf dem Zürcher Immobilienmarkt fühlt sich gerade wie der perfekte Sturm an. Da ist entschiedenes Handeln umso mehr gefragt. Der kommunale Wohnraumfonds, über den die Zürcher Stimmbevölkerung im Juni abstimmen wird, kann einen wichtigen Teil zur Lösung beitragen.
Das Problem ist bekannt, die Lösung kompliziert: Zürich ist attraktiv, der verfügbare Wohnraum aber knapp. Diese Situation nutzen viele kommerzielle Immobilienunternehmen aus, um exorbitante Mieten zu verlangen. Gemeinnützige Wohnbauträger können da Abhilfe schaffen. Doch leider fällt es ihnen schwer ausserhalb des Bestandes zu wachsen. Grund dafür sind oftmals die hohen Bodenpreise, die sich auch bei Genossenschaften zumindest kurzfristig in hohen Mieten niederschlagen. Es gibt aber auch Fälle in denen Genossenschaften auf den Kauf von sanierungsbedürftigen Liegenschaften aus Kostengründen verzichten.
Jetzt investieren – dauerhaft profitieren
Genau hier setzt der kommunale Wohnraumfonds an. Gemeinnützige Wohnbauträger oder Stiftungen können daraus nicht rückzahlungspflichtige Abschreibungs- oder Investitionsbeiträge für Erwerb, Bau oder Sanierung erhalten. Sie werden bei der Bilanzierung auf Empfängerseite in Abzug gebracht und leisten dadurch einen dauerhaften Beitrag zur Reduktion der Anlagekosten. Dank der Beiträge soll es trotz höherer Erwerbs- oder Sanierungspreise möglich werden, preisgünstige Wohnungen anzubieten.
Die Höhe des Beitrags bemisst sich an der zu erwartenden Wirkung auf die Anzahl preisgünstiger Wohnungen und den Mietzins. Beiträge bis zu 10 Millionen fallen in die Kompetenz des Stadtrats, höhere Beiträge erfordern die Zustimmung des Gemeinderats. Der Fonds wird zunächst mit 300 Millionen dotiert und kann künftig über Beiträge aus dem städtischen Budget weiter alimentiert werden.
Für Genossenschaften bietet der Wohnraumfonds eine grosse Chance zur Verwirklichung von Projekten, die in der Vergangenheit als zu teuer erachtet wurden. Die Beiträge können helfen die Schwelle so weit zu senken, dass sich nun der Erwerb einer Liegenschaft rechnet. Für viele Genossenschaften dürften aber insbesondere die Beiträge für Erneuerungen interessant sein. Sie helfen günstigen Wohnraum länger zu erhalten und machen auch Investitionen in Objekte mit klarem Erneuerungsbedarf lohnend.
Nur mehr bauen ist zu wenig
Der Wohnraumfonds geht zurück auf einen Vorstoss aus dem Jahr 2018, der mindestens 50 Millionen forderte. Indem der Stadtrat den Fonds nun gleich mit 300 Millionen ausstattet, demonstriert er seine Entschlossenheit, sich für mehr bezahlbare Wohnungen einzusetzen. Eine Mehrheit bestehend aus SP, Grünen, AL und GLP lobte das vergleichsweise schlanke Regelwerk und unterstützt das Anliegen. Die Gegnerschaft bestehend aus SVP, FDP und der Mitte/EVP-Fraktion nutzten die Debatte zum Wohnraumfonds, um entweder die Zuwanderung für die hohen Mieten verantwortlich zu machen (SVP) oder das Allheilmittel in einer allgemeinen Aufzonung, sprich Angebotsausweitung zu suchen (FDP). Sicherlich tragen die Attraktivität Zürichs und die damit verbundene Zuwanderung zu den hohen Mieten bei. Eine Einschränkung wäre jedoch nicht nur kaum umsetzbar, sondern auch mit massiven Folgekosten für Wirtschaft und Gesellschaft verbunden.
Warum also nicht einfach mehr bauen? Zum einen besteht in der Stadt ein solcher Nachfrageüberhang, dass auch eine massive Angebotsausdehnung keine Abhilfe schaffen würde. Und zum anderen lässt sich der Boden in der Stadt nicht beliebig vermehren. Das Motto «Einfach mehr bauen» kommt eher früher als später an seine Grenzen. Die entscheidende Frage ist darum, in wessen Besitz das knappe Gut Boden fällt. In diesem Verteilungskampf ziehen die Genossenschaften gegenüber den kommerziellen Anbietern öfters den Kürzeren. Der Wohnraumfonds kann nun helfen, dieses Ungleichgewicht etwas zu beheben. Er allein wird die hohen Mieten und Wohnungsnot nicht beenden, aber sicherlich ein wichtiges Instrument für mehr bezahlbare Wohnungen sein.