Wichtig für Wädenswil: Mitsprache der Bevölkerung, auch beim moderaten Wachstum

Ob die 10-Millionen-Schweiz bald Realität wird oder nicht: Die Raumplanung des Kantons Zürich plant mit einem Bevölkerungszuwachs von 280 000 Menschen bis ins Jahr 2040, gemäss den neusten Prognosen plant der Regierungsrat gar mit einer Zunahme von 450 000 Menschen bis 2050. In diesem Zusammenhang sind nicht nur jene, die entsprechend mehr Wohnraum bereitstellen sollen, sowie die grösseren Städte wie Zürich, Winterthur und Uster gefordert, sondern auch Gemeinden in der Agglomeration. Wohnbaugenossenschaften Zürich hat in Wädenswil bei Stadtpräsident Philipp Kutter nachgefragt.

Was bedeutet das Bevölkerungswachstum (im Kanton Zürich) für die Stadt Wädenswil? Das Thema Wachstum wird auch bei uns kontrovers diskutiert. Wir sind dabei, die Bau- und Zonenordnung zu revidieren. Das Geschäft ist gerade im Parlament und wird voraussichtlich im Sommer behandelt. Vorgesehen ist ein moderates Wachstum, nicht zu vergleichen mit demjenigen der Glattaler oder Limmattaler Gemeinden. Die Herausforderung für uns besteht darin, bei der Bevölkerung Akzeptanz für dieses Wachstum zu schaffen.

Wachstum ist ja auch mit Investitionen seitens der Gemeinden verbunden, sei es für Erschliessungen, Schulen und dergleichen. In Hettlingen wurde kürzlich darauf hingewiesen, dass die Gemeinde zwischen 1995 und 2007 um 62 % gewachsen sei, aber nur 20 % höhere Steuereinkünfte generierte. Bei uns ist die Bilanz nicht so negativ. Wachstum kostet, das ist klar. Neue Bewohnerinnen und Bewohner zahlen aber auch Steuern. In der Diskussion, die wir führen, geht es nicht nur ums Geld. Es geht auch um die Lebensqualität der Menschen, die bereits hier wohnen. Wädenswil ist eine lebenswerte Stadt. Soll man noch mehr und noch höher bauen? Geht dann das Persönliche verloren? Diese Diskussionen führt Wädenswil seit Jahren – aktuell wie erwähnt in Zusammenhang mit der Revision der Bau- und Zonenordnung. Wir haben die Bevölkerung aktiv einbezogen.
Ich bin überzeugt, dass Wachstum auch positive Effekte haben kann. Bei diesem Mitwirkungsprozess wurden beispielsweise Stimmen laut, die sich ein belebtes Zentrum mit mehr und besseren Einkaufsmöglichkeiten wünschten. Läden eröffnen dort, wo die Frequenzen stimmen. Es gibt in Bahnhofsnähe aktuell einen Gestaltungsplan – im Erdgeschoss ist ein Grossverteiler vorgesehen, der auch kleineren Geschäften Frequenz bringen soll, und in den oberen Stockwerken sollen Wohnungen entstehen. Wenn Verdichtung am richtigen Ort zu einer Belebung des Zentrums führt, dann hat «Verdichtung» geholfen.

Ist Verdrängung in Ihrer Gemeinde ein Thema, zum Beispiel bei den monatlichen Sprechstunden bei Ihnen? Ich mache die Sprechstunden jetzt seit 14 Jahren. Da wurden natürlich die verschiedensten Anliegen vorgebracht, von politischen Themen wie Wachstum und Verdichtung bis hin zu ganz persönlichen Sorgen. Ja, es kommen Menschen, die einen Job oder eine bezahlbare Wohnung suchen, zunehmend auch ältere Menschen, die kein Einkommen mehr haben, sondern von einer bescheidenen AHV leben. Wenn diese nach Jahren etwas Altersgerechtes suchen, dann merken sie, wie sich die Mietpreise entwickelt haben.

Unsere Gesellschaft wird älter. Wie wirkt sich das auf das Leben in Wädenswil aus? Wädenswil ist ein lebenswerter Ort mit einer guten Durchmischung. Und auch wir spüren die demografische Entwicklung. Darum wollen wir mehr altersgerechten Wohnraum bauen. Es gibt Ideen und Projekte: Die Mitte-Partei hat – nach der 2014 angenommenen Volksinitiative «Günstiger Wohnraum für Familien» – 2022 eine Initiative zur Realisierung eines oder mehrerer Mehrgenerationenhäuser mit einem gemeinnützigen Wohnbauträger auf einem konkreten Grundstück nachgereicht.
Ein anderes Beispiel: Als die örtliche Landi-Genossenschaft 2019/20 im Zentrum anstelle einer ehemaligen Produktionsstätte 47 vornehmlich kleinere Wohnungen erstellte, zog dies viele ältere Paare an, die zuvor Einfamilienhäuser und grössere Wohnungen bewohnten. Das Angebot – bezahlbare kleinere Wohnungen im Zentrum – stimmte für sie. Ich persönlich finde, das ist ein gutes Beispiel, um zu zeigen, was altersgerechten Wohnraum auszeichnen sollte und wie Wohnraum in den Quartieren für die nächste Generation freigespielt werden kann.

Im Rahmen der Revision der Bau- und Zonenordnung hat sich der Wunsch nach preisgünstigem Wohnraum als wichtiges Anliegen herauskristallisiert. Aus diesem Grund wurde eine Wohnraumstrategie mit vier Säulen entwickelt: finanzielle Unterstützung von (Bau-)Vorhaben, Zurverfügungstellung von städtischen Grundstücken, entsprechende Gestaltungspläne und die Absicht, zu diesem Zweck Land zu erwerben. Was ist in dieser Hinsicht konkret geschehen bzw. geplant? Mit diesen Ansätzen arbeiten wir schon länger. Bei einem grossen Areal in der Au wurde zum Beispiel eine Umzonung ermöglicht und ein Gestaltungsplan verabschiedet, in dem wir 20 % preisgünstigen Wohnraum verlangten. Nun soll diese Strategie in die BZO einfliessen.

Es gibt einen Kreditbeschluss aus dem Jahr 2014, der 3 Millionen Franken zur «Finanzierung von günstigem Wohnraum für Familien» vorsieht. Was hat es damit auf sich und was ist vorgesehen? Es ging damals um die Liquidation einer Genossenschaft, aus der der Stadt Wädenswil 3 Millionen Franken zuflossen. Bereits im Vorfeld, etwa 2010, wurde vorgeschlagen, dass dieses Geld in einen Fonds zur Förderung von günstigem Wohnraum fliesst. Die Bevölkerung hat diesem Vorhaben zugestimmt. Doch anstelle eines Fonds wurde ein Kredit in dieser Höhe gesprochen. Danach folgte eine Zeit, in der Kapital auf dem Finanzmarkt günstig zu haben war. Deshalb ist mit diesem Kredit noch nichts passiert. Inzwischen hat die Mitte-Partei die vorhin erwähnte Durchsetzungsinitiative für Mehrgenerationenwohnen lanciert. Früher oder später werden wir ein geeignetes Projekt finden, bei welchem wir dieses Geld einsetzen können.

Das benachbarte Horgen hat einen Anteil an gemeinnützigen Wohnungen von 11,4 %. Wädenswil weist gemäss dem Statistischen Amt des Kantons Zürich einen Anteil von 3,6 % auf. Wie lässt sich dieser Unterschied erklären? Beide Gemeinden haben eine Vergangenheit als Industrie-Standorte. Die in Wädenswil ansässigen Betriebe gründeten für ihre Angestellten verschiedene Genossenschaften, daraus entstand die Baugenossenschaft Hangenmoos. Nach der Jahrtausendwende wies diese für ihre mehr als 450 Wohnungen einen grossen Erneuerungsbedarf auf. Da man der Genossenschaft diese Aufgabe nicht zutraute, wurde sie in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. (Deshalb figurieren die Wohnungen der 2008 gegründeten Hangenmoos AG nicht mehr unter den gemeinnützigen Wohnungen beim Statistischen Amt des Kantons Zürich, siehe unten)

Kritische Geister sagen zurecht, dies seien ja nun keine gemeinnützigen Wohnungen mehr. Immerhin wurde in den Statuten die soziale Verantwortung verankert. Zudem bin ich unter anderem in diesem Verwaltungsrat, um die anderen an die Wurzeln des Unternehmens zu erinnern. Das betrifft die Wohnungsgrössen, aber auch den Umstand, dass man nicht ans Ausbau- bzw. ans Mietzinslimit gehen muss.

Können Sie sich eine stärkere Zusammenarbeit mit den Gemeinnützigen vorstellen, zum Beispiel beim Alterswohnen? Durchaus. Wir haben übrigens vor noch nicht allzu langer Zeit einen gemeinnützigen Bauträger für ein städtisches Grundstück (an der Büelenstrasse) gesucht. Leider ohne Erfolg. Nun wollen wir selber bauen.

Wäre es denkbar, dass im Bereich altersgerechter Wohnraum dieser 3-Millionen-Kredit eingesetzt werden könnte, zum Beispiel als Abschreibungsbeitrag, wie ihn auch die Stadt Zürich kennt, an die Realisierung der Alterswohnungen durch eine Baugenossenschaft? Ja, Wädenswil wird im Bereich des altersgerechten Wohnens weiter investieren. Das betrifft – wie vorhin erwähnt – auch eigene Liegenschaften. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir bei solchen Projekten einen gemeinnützigen Partner suchen, dem man das Land zu einem günstigen Baurechtszins zur Verfügung stellt, und als Gemeinde – wenn die Bevölkerung dem zustimmt – diese 3 Millionen Franken ins Projekt einschiesst.

Wäre das Vorkaufsrecht – sollte die entsprechende Initiative dereinst angenommen werden – ein nützliches Werkzeug für die Stadt Wädenswil? Ich glaube, dass es ein generelles Vorkaufsrecht für Gemeinden nicht braucht. Ich begrüsse es, dass andere öffentliche Körperschaften wie der Kanton oder der Bund, wenn sie Liegenschaften veräussern wollen, zuerst die Standortgemeinde fragen, ob sie Interesse daran hat. Wenn die Stadt der generelle Filter für alle Liegenschaften-Geschäfte sein müsste, würde die Gemeinde auch zu sehr in den Vordergrund rücken. Und wenn ich mir vorstelle, dass wir künftig bei jeder Handänderung evaluieren müssten, ob das Grundstück interessant für günstigen Wohnraum, für Infrastrukturprojekte, für Schulraum oder anderes ist, kämen wir rasch an Kapazitätsgrenzen. Solche Abklärungen brauchen zudem, auch bei guter Ausstattung, viel Zeit. Die Verkaufsprozesse würden sich markant verzögern. Ich bin zufrieden mit den Instrumenten, die uns bereits zur Verfügung stehen.


Von der Genossenschaft zur Hangenmoos AG

Die Anfänge der Hangenmoos AG gehen zurück in das Jahr 1952. Ortsansässige Wädenswiler Industriebetriebe gründeten mit Unterstützung der öffentlichen Hand – der Stadt Wädenswil und des Kantons Zürich – sowie mit Hilfe regionaler Banken eine Baugenossenschaft. In den Jahren 1953, 1961 und 1967 erfolgte die Gründung von drei weiteren Baugenossenschaften des Industrie- und Arbeitgebervereins. 1993 fusionierten alle bestehenden Genossenschaften zur Baugenossenschaft Hangenmoos.
15 Jahre später haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geändert und bei den Inhabern fand ein Generationenwechsel statt. Um die Zukunft zu sichern, wurde zusätzliches Bauland für neue Siedlungen bereitgestellt und neue Wohnprojekte wurden entwickelt. Ebenso galt es, die notwendige Sanierung der bestehenden Siedlungen aus den 50er- und 60er-Jahren in Angriff zu nehmen. Doch dafür wurde die Genossenschaftsform nicht als die optimale Organisation angesehen. Alle bisher beteiligten Inhaber einigten sich daher im Jahr 2008 auf die Gründung einer Aktiengesellschaft. Neben den Gründern, privaten Aktionären sowie Stiftungen ist die politische Gemeinde der Stadt Wädenswil an der Hangenmoos AG beteiligt. (Quelle: Website Hangenmoos AG)

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