«Erhalten wir, was wir bestellen?» – dies war die Frage, der sich sowohl die Referierenden als auch die zahlreich erschienenen Vertreter:innen von gemeinnützigen Bauträgern im Kanton Zürich an der 12. Fachtagung am 17. November stellten. Dabei ging es selbstverständlich auch um die Frage, ob denn das Richtige bei Architekturbüros und Bauunternehmungen bestellt wird und wie man das jeweils herausfinden kann.
Als Abgesandter des Zürcher Stadtrats begrüsste Daniel Leupi, Vorsteher des Finanzdepartements, die rund 160 Interessierten. Er hielt fest, dass sich auch ein Stadtrat manchmal frage, ob er bekomme, was er bestellt habe. Für ihn sei die politische Dimension dieser etwas technisch anmutenden Fragestellung interessant, angesichts einer Leerstandsziffer von 0,07 % in der Stadt Zürich. In diesem Umfeld stehe der gemeinnützige Wohnungsbau vor der grossen Herausforderung, die ökonomische und die ökologische Dimension zusammenzubringen. Umso wichtiger sei es aus seiner Sicht, dass die Wohnbaugenossenschaften und die Stadt Zürich Hand in Hand arbeiten.
Gretchenfrage: Warum ist Qualität so wichtig?
Anschliessend führte Christian Stoy, Professor für Bauökonomie an der Universität Stuttgart, die Tagungsfrage auf ihren Ursprung zurück: «Was wollen wir eigentlich?» Erst wenn man sich darüber im Klaren sei, könne man Qualität überhaupt messen. Und er hielt fest, dass eine der grössten Schwierigkeiten bei der Qualitätsmessung vom Umstand herrühre, dass die Bauherrschaft nicht genau wisse, wohin, dass sie ihre Ziele nicht präzis definiere. Dann lieferte er einen interessanten Fakt: 8 bis 10 % der Baukosten würden durch Baufehler verursacht. Dies habe eine Untersuchung im Rahmen einer Promotionsarbeit für die ETH Zürich ergeben. Der allergrösste Teil davon sei auf Fehler in der Kommunikation und im Umgang miteinander zurückzuführen. Das Zwischenmenschliche ist also ein Faktor mit grossem Sparpotenzial. Nicht nur beim Bauen.
Einfachheit ist auch eine Qualität.
Neslihan Aydogan-Zierer zeichnete einen pragmatischen Ansatz der Stiftung PWG beim Unterhalt, bei Sanierungen und bei Erweiterungen ihrer rund 180 Liegenschaften auf Stadtgebiet: Die PWG erhebt Jahr für Jahr den Zustand ihrer Liegenschaften. So habe man immer auf dem Monitor, wann der Zeitpunkt und der Umfang einer Massnahme für welche Liegenschaft näherrücke. Entsprechend reserviere man die Ressourcen – personell und finanziell. Dabei würden unter anderem der Gebäudezustand und die Bewirtschaftungskosten, der Energiewert, die Bestandsmieten und die Mietenden selbst sowie das Ausnutzungspotenzial beurteilt. Darauf beruhe letztlich die Bedarfsermittlung und aus dieser ergebe sich das Projektpflichtenheft, in dem auch auf «Unnötiges» aus Kostengründen verzichtet werde. Aus dem Publikum kam anschliessend die Frage, was denn unnötig sei. Beispielsweise sei – so die Referentin – bei der Liegenschaft Rautihalde der Feinverputz «unnötig» und der Verzicht darauf für die Wohnqualität nicht relevant gewesen. So könne man in kleinen Details sparen.
Einen ganz anderen Ansatz wählte die Stiftung Einfach Wohnen SEW bei ihrem Neubauprojekt Rotbuchstrasse. Christine Steiner Bächi schickte voraus, dass sich die SEW im Grundsatz dem gesellschaftlich nachhaltigen Bauen und der reduzierten Mobilität – weniger Verkehr gleich weniger CO2 – verpflichtet habe. Ausserdem wolle man bei jedem Projekt etwas umsetzen, das durchaus auch Pilotcharakter habe. So erhob die SEW nicht nur die Informationen zur schwierigen Topografie, zum Umgebungslärm, zur hohen Dichte an Siedlungen in der unmittelbaren Umgebung und der entsprechend schwierigen Erschliessung sowie zum Erhalt des Baumbestands auf dem Grundstück, sondern schaute auch, welches Wohnangebot vor Ort bereits existierte und welches fehlte. Anstatt nun aber einen Wohnungsmix für den Wettbewerb festzulegen, charakterisierten sie vier verschiedene «Menschen», die dereinst an der Rotbuchstrasse einziehen sollen. Damit führte die SEW den Wettbewerbsteilnehmenden «konkrete» Menschen vor Augen, die sie bei ihrer Arbeit begleiteten. Auch haben sich die Anteile von gemeinsamem Wohnraum, Microliving, Clusterwohnungen und anderes mehr daraus ableiten lassen. Den eingereichten Beiträgen sei sofort anzusehen gewesen, wer sich auf diese Vorgehensweise habe einlassen können und wer nicht.
Energiesparen dank Check-ups und modularer Gebäudetechnik
Tian Lutz, Energie-Coach beim Umwelt- und Gesundheitsschutz UGZ, stellte die Energieberatung der Stadt Zürich als wichtige Dienstleistung für Eigentümer:innen meist kleinerer Liegenschaften vor, die diese auf dem Weg zu netto null unterstützen. Sie analysiere mit einem Check-up den Zustand der jeweiligen Liegenschaft, der Gebäudehülle und der aktuellen Heizlösung, informiere über den besten Zeitpunkt, von einer fossilen auf eine erneuerbare Energieversorgung umzustellen – auch im Hinblick auf den Ausbaustand des Fernwärmenetzes –, und zeige den Weg zu Fördergeldern auf.
Franz Sprecher, Leiter Fachstelle Energie beim Amt für Hochbauten der Stadt Zürich, begann mit einem Zitat (siehe Bild oben), das am Anfang einer «Produkt»-Entwicklung stand, die in der städtischen Wohnsiedlung Herdern erstmals eingesetzt wurde. Als Auftraggeber:in erlebe man nicht selten, dass die Gebäudetechnik schlecht geplant, schlecht installiert oder anschliessend nicht mehr zugänglich sei. Oder alles aufs Mal. Und dies, obwohl man punkto Technik und Versorgung in jedem Gebäude mehr oder weniger dasselbe benötige. Das habe ihn dazu bewogen, die gesamte Gebäudetechnik in einem Modul zu kombinieren, standardisiert und vorfabriziert. Er habe ein Projektteam zusammengestellt – ein Totalunternehmer, ein innovativer Installateur und jemand aus der Industrie – mit dem Ziel, die Anforderungen (wo platzieren, was braucht es, wie skalieren?) zu erarbeiten und im Wettbewerbsprogramm für das Projekt Herdern festzuschreiben. Zum ersten Mal kam so eine neue Technologie zum Einsatz: Die Versorgung der Etagen mit Strom, Wärme, Wasser und Luft erfolgt mittels vorfabrizierter Module, welche die in den Wohnungen notwendige Technik beinhalten. Beim Bau werden die Elemente etagenweise eingesetzt und verbunden. Insgesamt hat sich die neue Technik bewährt und dieses Konzept werde bereits in anderen Bauvorhaben weiterentwickelt.
Sehr unterschiedliche Beispiele aus der Praxis
Um die Bauqualität zu sichern, gebe es verschiedene Vorgehensweisen. Grundvoraussetzung sei allerdings, so Andreas Billeter von der Baugenossenschaft Süd-Ost, dass sowohl auf strategischer Ebene als auch im operativen Bereich ausreichend personelle Ressourcen vorhanden sind. Delegierte des Vorstands und der Geschäftsstelle müssten das Projekt von A bis Z begleiten, um Informationsverluste zu vermeiden. Angefangen bei der Erarbeitung des Wettbewerbsprogramms – zu den Qualitätssicherungskriterien gehören bei der BG Süd-Ost die Nutz- und Aneigenbarkeit, die Erfüllung von Nachhaltigkeitsstandards sowie die Kosten über den ganzen Lebenszyklus –, bei dem bereits die Nutzer:innenwünsche erfasst werden, über einen seriösen Wettbewerb samt detailliertem Jurybericht mit Empfehlungen zur weiteren Bearbeitung bis hin zum präzisen Projektpflichtenheft, das phasengerecht auch Reviews und Aktualisierungen vorsieht. Dies alles müsse in den Werkverträgen festgehalten und entsprechend kontrolliert werden. Wichtig sei, dass die jeweiligen Erkenntnisse in die darauffolgende Phase einfliessen und dass man immer ein paar Monate vorausdenke, um etwaige Fehlentwicklungen antizipieren zu können.
Einen anderen Ansatz verfolgt Claudia Thiesen, die Leiterin der Baukommission der Baugenossenschaft mehr als wohnen beim Projekt Hobelwerk in Winterthur. Da die Genossenschaft nicht einfach weiterwachsen, sondern bei einem Projekt immer auch weiterforschen will, kann sie die Prozesse – inklusive der Qualitätssicherung – nur bedingt formalisieren. Weil die Genossenschaft mit dem Hobelwerk einerseits ein (nicht für den gemeinnützigen Wohnungsbau) entwickeltes Projekt übernommen hat und andererseits auch Aspekte von ReUse implementieren wollte, mussten Vorgaben überarbeitet und Prozesse angepasst werden. Zunächst wurde ein Steuerungsausschuss eingesetzt, der zum einen die Finanzierung und zum anderen die Implementierung sinnvoller partizipativer Prozesse sicherstellte. Dies auch im Hinblick auf ein weiteres Forschungsprojekt von mehr als wohnen zum Netto-null-Bauen. Sie wies darauf hin, dass es bei Innovationen – also zum Beispiel ReUse – eben keine Normen und deshalb auch keine etablierten Prozesse gebe. Diese müsse man miterfinden und gleichzeitig auch den Mut aufbringen, etwas Neues zu erproben.
Sabine Merz von der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich ABZ stellte den Prozess in Bezug zu Neu- und Ersatzneubauprojekten der ABZ vor. Tatsächlich sei bei der ABZ vieles schon vorgegeben, zum Beispiel der Kostenrahmen durch die Vorgaben für subventionierten Wohnungsbau und die von der Genossenschaft beschlossenen Zielvorgaben zur Nachhaltigkeit. Davon liessen sich viele Eckwerte für das Projektpflichtenheft, den Baubeschrieb und den Werkvertrag mit dem Totalunternehmer ableiten. Auf Qualitäten wie die vielseitige Nutzbarkeit der Grundrisse und der Umgebung legt die ABZ grössten Wert. Auch setzt sie auf erprobte Baustandards und denkt langfristig, zum Beispiel bezüglich des Liegenschaftenunterhalts. Auch sollten alle Prozesse – von der Realisierung über die Vermietung, die Abnahme und die Inbetriebnahme – von vornherein festgelegt und ein 3-monatliches Baureporting vereinbart werden. Sabine Merz empfahl auch Stichproben und das Festhalten des aktuellen Stands in Protokollen.
Gebäudebetrieb: immer auf dem Monitor
Sabine von Stockar von Minergie Schweiz stellte das Programm Monitoring+ für die laufende Kontrolle des Betriebs eines Gebäudes vor. In einem ersten Schritt sei das Ziel, alle 2000 Minergie-Liegenschaften in der Schweiz für dieses Programm zu gewinnen und Betriebsdaten zu sammeln. Aufgrund der erfassten Werte könnten nicht nur schnell und individuell die richtigen Verbesserungsmassnahmen vor Ort getroffen werden, sondern es würden auch alle anderen von diesen Erkenntnissen profitieren. Oft würden gesteckte Ziele anschliessend nicht geprüft. So blieben laufende Heizungen im Juli oder das falsche Nutzerverhalten oft unbemerkt.
Auch Martin Hofer und Markus Gomer von Wattelse, einem auf die Performance-Steigerung von anspruchsvoller Gebäudetechnik spezialisierten Unternehmen, empfahlen sich für die Überprüfung und ggf. den Ersatz von Mess- und Steuerungskomponenten und die Anpassung von Installationen. Oft würden Komponenten verbaut, ohne dass sie jemand hinterfrage, weil «man das einfach so mache.» Dies koste dann nicht nur unnötig Geld beim Bau, sondern verursache möglicherweise – zum Beispiel bei Fehlfunktionen – laufend zusätzliche Kosten im Betrieb.
Ebenfalls ein paar wichtige Hinweise kamen von Martin Mühlebach von Lemon Consult: So reiche es nicht, eine Fassade zu dämmen. Dies müsse bei der Heizung berücksichtigt werden, indem beispielsweise die Betriebszeiten angepasst werden, die Heizkurve verändert oder die Heizgrenze gesenkt wird. Er forderte die Anwesenden auf, am Montag die mit dem Heizungsbetrieb Betrauten nach der Heizgrenze zu fragen. Ausserdem verwies er auf die zahlreichen Hilfestellungen, die die Website der Konferenz Kantonaler Energiedirektoren EnDK () zum sparsamen Betrieb und dessen Dokumentation anbietet.
Resümee: Es gibt noch viel zu lernen und grosses Potenzial bei der Qualitätssicherung
Annette Aumann vom Amt für Hochbauten der Stadt Zürich, Matthias Probst von mehr als wohnen und Andreas Wirz, Präsident von Wohnbaugenossenschaften Zürich, zogen ein erstes Fazit zu den Erkenntnissen des Nachmittags, die beim abschliessenden Apéro weiterdiskutiert wurden.
Für Annette Aumann haben sich an diesem Nachmittag vier Künste herauskristallisiert. Als Erstes die Kunst des Setzens von Anforderungen mit all den Diskussionen darüber, was man will und was man weglassen will, dann die Kunst des Dranbleibens, die Kunst des menschlichen Zusammenwirkens, also beispielsweise die Einbindung von partizipativen Prozessen, aber auch die klare Kommunikation unter den Mitwirkenden, und zuletzt die Kunst, die gewünschte Leistung tatsächlich zu erbringen und auch die richtigen Leute dafür zu gewinnen.
Matthias Probst sieht sich meist auf der «Bestellerseite» und habe nun erfahren, dass die Besteller oft das grösste Problem darstellten. Eine wichtige Erkenntnis sei für ihn, dass nicht nur für die Planung und die Realisierung eines Projekts sehr viel Fachwissen investiert werden müsse, beim anschliessenden Betrieb müsse ebenso viel Know-how vorhanden sein – zum Beispiel dank Schulungen –, um die Betriebsqualität sicherzustellen.
Andreas Wirz hielt schliesslich fest, dass die Erarbeitung der Anforderungen den grössten Hebel überhaupt darstelle. Was es brauche und was nicht, müsse faktenorientiert erarbeitet werden, und dies müsse vielmehr auf die Menschen, also auf die Bewohnenden, statt auf etwas Abstraktes wie Quadratmeter bezogen werden. Es nütze nichts zu wissen, wie viel Energie pro Quadratmeter benötigt werde, wenn sich eine Energiebezugsfläche von 100 m2 auf eine Person beziehe. Auch sei das Timing wichtig bei partizipativen Prozessen. Diese müssten rechtzeitig aufgegleist werden, wenn sie Wirkung erzielen sollen. Und zu guter Letzt brachte er erneut die Einfachheit zur Sprache, als er darauf hinwies, dass es auch Schalter gebe. Nicht für alles brauche es einen Prozess. Wenn im Sommer eine Heizung irrtümlicherweise arbeite, könne man sie auch einfach abschalten.
Der ausführliche Bericht zu den einzelnen Referaten der 12. Fachtagung erscheint am 11. Dezember im «blickpunkt».
Die Präsentationen zum Download >
Weitere Informationen auf der Website der Stadt Zürich >
Gastgeber:innen und Referierende der 12. Fachtagung