Als gemeinnützige Wohnbauträger haben wir uns zum Ziel gesetzt, Wohnraum für alle Bevölkerungskreise anzubieten. Dabei streben wir soweit möglich eine Durchmischung an, die unterschiedliche Lebensstile zulässt und Schwache nicht ausgrenzt, sondern integriert. So steht es in unserer gemeinsamen Charta, das ist unser gesellschaftlicher Auftrag.
Doch wie gut erreichen wir unsere Ziele? Wer findet Zugang zu unserem Wohnungsangebot und wer nicht? Was verstehen wir unter einer «guten Durchmischung»? Treffen die medial geäusserten Vorwürfe zu, wonach viele Gutverdienende günstigen Wohnraum belegen? Solchen Fragen wollen und müssen wir uns als gemeinnützige Wohnbauträger immer wieder stellen.
Die vorliegende Publikation soll mithelfen, diese Diskussionen auf der Grundlage von aktuellen Kennzahlen und Fakten zu führen. Sie enthält die wichtigsten Angaben zum Wohnungsangebot, zu den Mieten und zur Bewohnerschaft in gemeinnützigen Wohnungen und vergleicht sie mit den Wohnungen der anderen Anbieter. Der Fokus liegt auf der Situation in der Stadt Zürich, hinzu kommen ergänzende Analysen für den Kanton Zürich und die Stadt Winterthur.
Die verwendeten Daten stammen hauptsächlich aus der amtlichen Statistik. Die Auswertungen wären nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung von Statistik Stadt Zürich und dem Statistischen Amt des Kantons Zürich. Wir danken den beteiligten Mitarbeitenden für die gute Zusammenarbeit. Für die Darstellung und Interpretation der Daten ist Wohnbaugenossenschaften Zürich verantwortlich.
Der vorliegende Bericht richtet sich an unsere Partner bei der öffentlichen Hand und an eine interessierte Öffentlichkeit. Darüber hinaus richtet er sich auch – und vor allem – an uns selbst. Wir wollen damit eine interne Reflexion und Auseinandersetzung unter den gemeinnützigen Wohnbauträgern anstossen.
Die Ergebnisse der Untersuchung sind in weiten Teilen erfreulich und bestätigen, dass unsere Mitglieder, die gemeinnützigen Wohnbauträger, ihre selbst gesetzten Ziele eigenverantwortlich erreichen. Aufmerksamkeit verdienen jedoch die kritischen Punkte, wie beispielsweise der aus demografischer Sicht heute zu tiefe Anteil von kleinen Wohnungen für Einpersonenhaushalte oder der relativ tiefe Anteil von Personen mit ausländischem Pass in den Genossenschaftswohnungen in der Stadt Zürich. Diese Themen werden wir vertieft betrachten und in die künftige Ausrichtung unseres Wohnungsangebots einfliessen lassen.
Wohnbaugenossenschaften Zürich hat mit Unterstützung der statistischen Fachstellen von Stadt und Kanton Zürich verschiedene Kennzahlen zum gemeinnützigen Wohnen ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass in gemeinnützigen Wohnungen überdurchschnittlich viele Familien, alleinerziehende Personen und Haushalte mit tiefen und mittleren Einkommen leben. Die Mieten in Genossenschaftswohnungen sind je nach Wohnort und Wohnungsgrösse bis zu 36 % tiefer als in nicht gemeinnützigen Wohnungen.
Die vorgestellten Auswertungen beruhen auf der öffentlichen Statistik zu Gebäuden und Wohnungen sowie zur Bevölkerung. Ergänzend werden Steuerdaten und ausgewählte Ergebnisse aus der Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich beigezogen. Die Studie unterscheidet drei Eigentümertypen: a) Wohnungen im Besitz von Wohnbaugenossenschaften (Genossenschaftswohnungen), b) Wohnungen im Besitz der Stadt Zürich und der städtischen Stiftungen (städtische Wohnungen) und c) Wohnungen im Besitz von Privatpersonen, Gesellschaften, Pensionskassen und weiteren Eigentümern (nicht gemeinnützige Wohnungen). Ausserhalb der Stadt Zürich wird aufgrund der Datenlage nur zwischen gemeinnützigen und nicht gemeinnützigen Wohnungen differenziert.
Hoher Anteil und anhaltendes Wachstum in der Stadt Zürich
Mit 18 % liegt der Anteil der Genossenschaftswohnungen in der Stadt Zürich auf einem hohen Niveau. Hinzu kommen 6 % städ-tische Wohnungen. Die Genossenschaften haben in den letzten zehn Jahren 4300 Wohnungen abgebrochen und 7900 Wohnungen neu erstellt. Unter dem Strich ergibt das 3600 zusätzliche Genossenschaftswohnungen, das entspricht einem Zuwachs von 10 %. Pro ersetzte Wohnung wurden 1,8 neue Wohnungen erstellt. Der relative Anteil der Genossenschaftswohnungen stagniert jedoch, denn auch die Bautätigkeit der anderen Eigentümer ist hoch.
Vor allem mittlere Wohnungsgrössen
Fast die Hälfte aller Genossenschaftswohnungen in der Stadt Zürich wurde in den Jahren 1919 bis 1960 erbaut. 3- bis 3,5-Zimmer-Wohnungen machen gut 40 % des Wohnungsangebots aus, etwa ein Drittel der Wohnungen hat 4 oder mehr Zimmer. Nur ein knapper Viertel aller Genossenschaftswohnungen hat 1 bis 2,5 Zimmer – bei den nicht gemeinnützigen Wohnungen sind es gegen 40 %.
Klar tiefere Mietbelastung
Genossenschaften orientieren sich an der Kostenmiete und streben keinen Gewinn an. Je nach Wohnungsgrösse kosten Genossenschaftswohnungen in der Stadt Zürich zwischen 27 % und 36 % weniger als nicht gemeinnützige Wohnungen. Entsprechend finden 74 % der Bewohnerschaft von Genossenschaftswohnungen, ihre Miete sei im Vergleich zum Haushaltsbudget angemessen oder niedrig, bei den nicht gemeinnützigen Wohnungen sind 53 % dieser Ansicht.
Überdurchschnittlicher Familienanteil, aber auch viele Kleinhaushalte
In der Stadt Zürich leben in Genossenschaftswohnungen überdurchschnittlich viele Familien: Haushalte mit Kindern machen einen Drittel der Bewohnerschaft aus. Vergleichsweise häufig wohnen alleinerziehende Elternteile in Genossenschaftswohnungen, sie stellen 8 % der Bewohnerschaft, in nicht gemeinnützigen Wohnungen sind es 3 %. In zwei Dritteln der Genossenschaftswohnungen in der Stadt Zürich leben eine oder zwei Personen. Einpersonenhaushalte stellen knapp 40 % der Haushalte. Kleinwohnungen mit 1 bis 2,5 Zimmern, die für Einpersonenhaushalte geeignet wären, machen jedoch nur 23 % des genossenschaftlichen Wohnungsangebots aus. Bei nicht gemeinnützigen Anbietern sind es 37 %.
Ausländerinnen und Ausländer aus einzelnen Herkunftsregionen untervertreten
In den Stadtzürcher Genossenschaften sind Schweizerinnen und Schweizer mit 80 % der Bewohnerschaft übervertreten. Der Anteil von Ausländerinnen und Ausländern aus Süd- und Osteuropa ist bei allen Eigentümern etwa gleich hoch. Seltener in Genossenschaften wohnen hingegen Personen aus Nord- und Westeuropa. Ebenfalls untervertreten sind Personen aus anderen, aussereuropäischen Staaten. Vor allem Personen, die im Ausland geboren wurden, leben seltener in Genossenschaftswohnungen.
Tiefere Haushaltseinkommen als in nicht gemeinnützigen Wohnungen
Der Median des steuerbaren Haushaltseinkommens liegt bei der Bewohnerschaft von Genossenschaftswohnungen bei 58 000 Franken. Das bedeutet, dass die Hälfte der Haushalte ein höheres, die andere Hälfte ein tieferes Einkommen versteuert. Bei den Haushalten in nicht gemeinnützigen Wohnungen beträgt der Median 76 600 Franken, in den städtischen Wohnungen 41 400 Franken. Nur 5 % der Haushalte in Genossenschaften weisen ein steuerbares Einkommen von mehr als 150 000 Franken aus.
Grosse Unterschiede im Kanton Zürich
Etwa 70 % aller gemeinnützigen Wohnungen im Kanton Zürich befinden sich in den Städten Zürich und Winterthur. In den meisten anderen Gemeinden sind weniger als 10 % des Wohnungsbestands gemeinnützig. Auch ausserhalb der städtischen Zentren leben in gemeinnützigen Wohnungen überdurchschnittlich viele Familien und Alleinerziehende. Die Unterschiede sind jedoch kleiner als in der Stadt Zürich. Im restlichen Kanton ist der Anteil der ausländischen Bewohnenden mit 28 % in gemeinnützigen und 31 % in nicht gemeinnützigen Wohnungen fast gleich hoch. Ausserhalb der Städte Zürich und Winterthur liegt der Wohnflächenverbrauch in gemeinnützigen Wohnungen bei 46 m² pro Kopf. Dieser Wert ist 13 m² tiefer als in den nicht gemeinnützigen Wohnungen im Kanton. Im Vergleich dazu ist der durchschnittliche Flächenverbrauch in der Stadt Zürich tiefer. Hier belegt eine Person in einer Genossenschaftswohnung durchschnittlich 35 m², 7 m² weniger als in einer nicht gemeinnützigen Wohnung.
Bewohnerschaft entspricht den anvisierten Zielgruppen
Die Bewohnerschaft der gemeinnützigen Wohnungen in der Stadt und im Kanton Zürich entspricht weitgehend den Zielgruppen, welche die gemeinnützigen Wohnbauträger laut ihrer Charta speziell berücksichtigen möchten. Insbesondere die Anteile von Familien und älteren Personen sowie der Haushalte mit tiefen und mittleren Einkommen sind höher als bei nicht gemeinnützigen Wohnungsanbietern. Verglichen mit der Zahl der Ein-personenhaushalte, die in Genossenschaftswohnungen leben, haben die Genossenschaften in der Stadt Zürich zu wenig kleine Wohnungen im Angebot. Dieses Ungleichgewicht könnte sich angesichts der demografischen Alterung in den nächsten Jahren verschärfen.
Bei den Genossenschaften in der Stadt Zürich fällt auf, dass Ausländerinnen und Ausländer aus Nord- und Westeuropa und aus aussereuropäischen Staaten untervertreten sind. Während Zuwanderer aus Nord- und Westeuropa eine überdurchschnittlich hohe Finanzkraft ausweisen und somit seltener auf Genossenschaftswohnungen angewiesen sind, sind die Gründe für die Untervertretung aussereuropäischer Staatangehöriger nicht klar. Hier sind weitergehende Analysen nötig.
Die Genossenschaften haben eine stabile Bewohnerschaft und verzeichnen wenig Wohnungswechsel. Das hat auch mit der hohen Wohnqualität und -sicherheit zu tun, die sie ihren Bewohnenden bieten. Die hohe Stabilität macht es jedoch sehr schwierig für externe Interessentinnen und Interessenten, in eine Genossenschaftswohnung zu wechseln. Wollen die Genossenschaften ihren bestehenden Bewohnenden langfristig Wohnraum garantieren und gleichzeitig für neue Personen offen bleiben, bleibt ihnen nur der Weg, zu wachsen und zusätzliche Wohnungen zu erstellen.
Die Publikation «Gemeinnütziges Wohnen in Stadt und Kanton Zürich» als PDF >