Bei der Wogeno Zürich ist vieles anders als bei anderen Wohnbaugenossenschaften. Zum Beispiel der hohe Anteil über 100-jähriger und kleiner Liegenschaften, verteilt in Stadt und Kanton Zürich, sowie die Art, wie die Genossenschaft wächst. Aber auch, wie sie sich – in Hausvereinen – organisiert. Die Redaktion hat nachgefragt. Simone Pallecchi, Kommunikationsverantwortliche der Wogeno, war für die Antworten besorgt.
Wie ist die Wogeno organisiert?
Die Wogeno als gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft bietet ihren Mitgliedern preiswerten Wohn- und Gewerberaum in der Stadt und im Kanton Zürich an. Die Mieten werden nach dem Prinzip der Kostenmiete berechnet, dadurch sind die Mieter:innen nur wenig der Marktentwicklung ausgesetzt. Bis zu zehn Prozent der Anlagekosten bringen sie selbst in Form von Eigenkapital ein, wofür entsprechende Anteilscheine ausgestellt werden. Ein geringer Anteil der monatlichen Miete fliesst in einen Solidaritätsfonds. Wogeno-Mieter:innen organisieren sich in einem Hausverein und somit das Zusammenleben im Haus weitgehend selbst.
Wie geht die Wogeno mit dem Umstand um, dass sie zehnmal mehr Mitglieder als Wohnungen hat?
Gemäss unseren Statuten besteht keine Beschränkung für die Aufnahme neuer Mitglieder. Infolgedessen ist die Anzahl der Mitglieder schneller gewachsen als die Anzahl der verfügbaren Wohnungen. Vor einigen Jahren haben wir eine Umfrage durchgeführt, deren Ergebnis zeigte, dass es auch Mitglieder gibt, die von der Genossenschaftsidee begeistert und nicht primär auf Wohnungssuche sind. 2023 konnten wir erfreulicherweise 80 Prozent der über 40 Neubauwohnungen im Westhof in Dübendorf an unsere Mitglieder vermieten. Noch 2017 waren es in der Manegg im Stadtkreis Leimbach nur 44 Prozent Genossenschafter:innen, die sich beim Erstbezug für eine Wohnung entschieden.
Welche Kompetenzen haben die Hausvereine?
Der Hausverein ist der Zusammenschluss der Mieter:innen einer Liegenschaft. Er mietet die Liegenschaft von der Genossenschaft und entrichtet einen Hausmietzins. Der Hausverein ist in Absprache mit der Geschäftsstelle verantwortlich für die Einhaltung von Verträgen, die Verwaltung sowie kleinere Reparaturen an der Liegenschaft. Das gemeinschaftliche Benützen von Anlagen wie Garten, Terrasse, Waschküche und Aufenthaltsräumen besprechen die Bewohner:innen in ihren Sitzungen nach Bedarf. Ein weiterer gewichtiger Unterschied zu traditionellen Genossenschaften: Die Wahl neuer Mitbewohner:innen fällt in die Kompetenz des Hausvereins. Für die Hausvereine bedeuten die Organisation und die Abwicklung von Wohnungswechseln sowie die Auswahl der neuen Mieter:innen gleichzeitig ein geschätztes Recht wie auch eine arbeitsintensive Pflicht.
Im Januar dieses Jahres hat die Wogeno zwei weitere Liegenschaften an der Saumstrasse in Zürich erworben. Akquiriert die Genossenschaft meist selbst?
Dank dem Engagement unserer Mitglieder kommt es häufig vor, dass wir über bestehende Mieter:innen Kontakt zu den Verkäufer:innen von Liegenschaften herstellen können. Dies ermöglicht es uns, im Durchschnitt alle zwei Jahre eine neue Liegenschaft zu erwerben.
Bei vielen Bieterverfahren scheiden wir jedoch bereits in der zweiten Runde aus, da wir das Angebot nicht unbegrenzt erhöhen können und wollen, um unseren Ansprüchen als gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft gerecht zu werden.
Bei öffentlich ausgeschriebenen Neubauprojekten, beispielsweise der Stadt Zürich, bewerben wir uns entweder allein oder in Kooperation mit anderen Genossenschaften. Es kommt jedoch auch vor, dass wir direkt von privaten Grundeigentümern angefragt werden, wie es bei unserem jüngsten Projekt, dem Westhof in Dübendorf, der Fall war.
Die Wogeno baut auch selbst, zum Beispiel im erwähnten Westhof in Dübendorf – dort zusammen mit einer privaten Grundeigentümergemeinschaft. Wie kam diese Kooperation zustande?
Die Wogeno ist stets aktiv auf der Suche nach eigenen Neubauprojekten. In diesem speziellen Fall kam jedoch die Familie Kohler als Besitzerin eines Grundstücks im Hochbord in Dübendorf über eine Empfehlung auf uns zu. Die Familie suchte nach einer Kooperationspartnerin für ein Bauprojekt auf ihrem ehemaligen Gärtnerei-Grundstück. Es war ihr wichtig, dass die Partnerin ähnliche Werte von gemeinschaftlichem, selbstorganisiertem und bezahlbarem Wohnen teilt und sowohl Nachhaltigkeit als auch Ökologie als Grundlage für ein gemeinsames Projekt betrachtet. Die Wogeno erwies sich als ideale Partnerin, jedenfalls hat es auf Anhieb «gefunkt», und es entstand eine intensive und anspruchsvolle Zusammenarbeit. Den Zuschlag beim Architekturwettbewerb erhielten Conen Sigl Architekt:innen. Ihrem Vorschlag gelang es, die unterschiedlichen Anforderungen beider Bauträgerinnen zu berücksichtigen. Bereits vor Baubeginn wurde ein Partizipationsprozess gestartet, und mittlerweile sind verschiedene Arbeitsgruppen aktiv. In Zukunft wird ein «Hofrat» das Zusammenleben beider Bewohnerschaften in einem Verein koordinieren.
Drei Viertel der rund 60 Liegenschaften im Portfolio sind 50 Jahre alt oder älter. Gibt es deswegen einen grossen Sanierungsbedarf?
Da die Wogeno – auch die Bewohnenden – laufend bestrebt ist, die Liegenschaften gut zu unterhalten, ist der Sanierungsbedarf moderat, was die Gebäudesubstanz betrifft. Anders ist das bei den Themen Energie bzw. Wärmeerzeugung. Die Abkehr von fossilen Energieträgern ist beschlossene Sache. Entsprechend gross sind der Handlungsbedarf und die Evaluation alternativer Energieträger, auch weil viele Liegenschaften nicht mit Fernwärme versorgt werden können.
Zahlreiche Liegenschaften werden noch mit Gas beheizt. Gibt es einen Masterplan, wie diese Heizungen – entsprechend dem neuen Energiegesetz – ersetzt werden?
Wir verfolgen seit vielen Jahren die Strategie «Reduce to the max», wollen den Energiebedarf der Liegenschaften möglichst effizient und wann immer möglich CO2-neutral gewährleisten. Bei einem Dutzend Liegenschaften wird ein Teil des Brauchwarmwassers mittels Solarthermie-Kollektoren erwärmt. Auf den Dächern von mehreren Liegenschaften sind Fotovoltaikanlagen installiert.
Für etliche Wogeno-Altbauten sind Konzepte für den Ausstieg aus der fossilen Wärmeerzeugung in Arbeit oder kurz vor der Umsetzung. Während unsere Neubauten bereits heute hohe energetische Ansprüche erfüllen und dem Minergie-Standard entsprechen, können die bestehenden – oft wunderschönen – Altbauten nicht beliebig energetisch optimiert oder gedämmt werden. Es geht nicht nur um Dekarbonisierung, sondern auch um energetische Verbesserungen der Geb.udehüllen. Die Herausforderung besteht bei der Altbauerneuerung darin, eine passende und verfügbare Energieerzeugung und eine sinnvolle Eingriffstiefe beim Bestand zu finden. Dabei müssen wir auch die Kosten im Auge behalten: Erneuerbare Energien und umweltfreundliche Lösungen sind tendenziell teurer als das Verbrennen fossiler Brennstoffe.
An der Köchlistrasse in Zürich plant die Wogeno, zwei Gebäude von 1888 durch einen Neubau zu ersetzen und anstelle von sechs Wohnungen neu deren zehn zu erstellen. Welche Überlegungen stecken dahinter?
Die Liegenschaften wurden bereits mit der Absicht erworben, die geringe Ausnutzung in diesem urbanen Umfeld zu verbessern. Unser Ziel ist es, mehr Menschen und Mitgliedern die Möglichkeit zu bieten, dort zu wohnen. Diese Liegenschaft stellt die letzte Lücke im Blockrand der Köchlistrasse dar und ermöglicht uns, zeitgemässes Bauen und Wohnen umzusetzen. Dabei legen wir auch hier besonderen Wert auf energetische Aspekte, um nachhaltige und energieeffiziente Bauten zu realisieren.