ISOS-Direktanwendung – grosse Unsicherheit, wenige Lösungsansätze
Noch vor ein paar Monaten wusste kaum jemand, was eine Direktanwendung des ISOS (Inventar Schützenswerter Ortsbilder Schweiz) ist. Doch spätestens, seit der Zürcher Stadtrat an einer Medienkonferenz im Juni Alarm geschlagen hat, sorgt das Thema «ISOS-Direktanwendung» bei jedem Gespräch in der Genossenschaftsszene für finstere Mienen.
Hier eine Kurzfassung zum Thema: Zu einer ISOS-Direktanwendung kommt es, wenn ein durch das ISOS inventarisiertes Gebiet zusätzlich eine Bundesaufgabe betrifft. Solche Bundesaufgaben können Grundwasserschutz, Fotovoltaikanlagen, Zivilschutzräume oder Mobilfunkantennen betreffen. Das Problem: In der Stadt Zürich sind nicht nur 75 % des Stadtgebiets im ISOS-Gebiet, sondern auch grosse Teile davon für Bundesaufgaben relevant. Die meisten davon betreffen jedoch das Ortsbild gar nicht. Findige Bauanwält:innen nutzen diese Konstellation aus, um gegen Bauprojekte in ISOS-Gebieten zu rekurrieren.
Diese Situation führt zu Rechtsunsicherheit und potenziell zu jahrelangen Verzögerungen, wenn nicht gar zur Verhinderung von Bauprojekten. Aktuell betroffen sind insbesondere Bauprojekte von Genossenschaften in Schwamendingen, deren Siedlungen im ISOS-Gebiet liegen und wegen des Grundwasserschutzes eine Bundesaufgabe tangieren. Dabei handelt es sich um Bauprojekte, die seit über zehn Jahren in Planung sind, bei denen bereits eine sorgfältige Interessensabwägung vorgenommen wurde und rechtsgültige Gestaltungspläne bestehen. Ihnen drohen durch die herrschende Rechtsunsicherheit nun jahrelange Verzögerungen und Mehrkosten.
Um wieder Rechtssicherheit gewähren zu können, hat sich die Stadt Zürich dazu entschlossen, sämtliche Baugesuche direkt an das kantonale Amt für Raumentwicklung (ARE) zur Überprüfung einer möglichen Direktanwendung weiterzuleiten. Dieses Vorgehen führt aber unweigerlich zu Verzögerungen, da dies ein zusätzlicher Schritt im Prozess darstellt und zu Engpässen beim ARE führt. Langfristig braucht es eine Lösung auf Bundesebene, in der die unheilvolle Verquickung von zwei Bundesaufgaben zu einer ISOS-Direktanwendung auflöst. Eine Einschränkung des Rekursrechts – dass nur noch Direktbetroffene und Verbände rekurrieren dürfen – wäre sinnvoll. Denn selbst wenn die ISOS-Problematik mal gelöst ist, kann davon ausgegangen werden, dass fündige Baujurist:innen bald den nächsten Gesetzesartikelfür eine missbräuchliche Einsprache entdecken.
Wohnraumfonds – auf der Zielgeraden
Gute Neuigkeiten gibt es beim Wohnraumfonds: Nachdem das Stadtzürcher Stimmvolk in Sommer 2023 mit über 66 % Ja-Stimmen der Einrichtung eines Wohnraumfonds zugestimmt hat, können ab 2025 erstmals Mittel daraus beantragt werden.
Wohnbaugenossenschaften Zürich hat die Ausarbeitung des Wohnraumfonds eng begleitet und ist zuversichtlich, dass damit ein sinnvolles neues Instrument geschaffen wird, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu erstellen. Noch sind aber einige für den Erfolg kritische Punkte offen. So ist ein gemeinnütziger Wohnbauträger insbesondere bei einem Neuerwerb auf einen raschen Entscheid angewiesen. Dafür braucht es verbindliche Fristen und ein unkompliziertes Verfahren. Weiter besteht aktuell (Oktober 2024) noch Unsicherheit darüber, inwiefern die Beiträge aus dem Wohnraumfonds steuerpflichtig sind.
Seitens der Stadt Zürich besteht aber durchaus ein Bewusstsein für diese Herausforderungen. Schlussendlich ist es auch im eigenen Interesse der Stadt, dass der Wohnraumfonds einst rege genutzt wird und er seine erhoffte Wirkung entfalten kann.
Änderung der Wohnbauförderungsverordnung – mehr Spielraum, teurere Wohnungen?
Vor zwei Jahren wurde der Zürcher Regierungsrat durch ein Postulat beauftragt, die Wohnbauförderungsverordnung (WBFV) anzupassen. Nun liegt der Entwurf vor, zu dem sich Wohnbaugenossenschaften Zürich im Rahmen einer Vernehmlassung äussern kann.
Die Wohnbauförderungsverordnung regelt die Bedingungen für subventionierte Wohnungen. Ihr Kernelement sind die Höchstwerte für pauschalisierte Gesamtinvestitions- und Erstellungskosten, die dafür sorgen, dass subventionierte Wohnungen nicht zu teuer werden. Seit der letzten Revision im Jahr 2009 sind jedoch die Landpreise markant gestiegen, sodass es fast unmöglich ist, bei neu erworbenen Liegenschaften subventionierte Wohnungen anzubieten. Die vorgeschlagenen Änderungen möchten diesem Umstand Rechnung tragen, indem die Landkosten, die der Differenz zwischen den pauschalisierten Gesamtinvestitionskosten und den pauschalisierten Erstellungskosten entsprechen, erhöht werden können. Sofern der Nachweis von höheren Landkosten erbracht werden kann, soll zukünftig sogar eine Verdoppelung möglich sein. Des Weiteren ist vorgesehen, die Mindestwohnflächen pro Wohnungsgrösse zu senken, Mehrkosten für Hochhäuser zu berücksichtigen und den Zugang zu subventionierten Wohnungen mit weniger als vier Zimmern auch für Haushalte, die nicht als «Familie» gelten, zu ermöglichen.
Unter dem Strich schafft die Revision sicher einen grösseren Spielraum für die Erstellung von subventioniertem Wohnraum, was den gemeinnützigen Wohnbauträgern entgegenkommt. Gleichzeitig würden sich damit aber auch die Höchstwerte in der Verordnung für preisgünstige Wohnungen erhöhen. Diese Höchstwerte liegen 20 % über jenen der Wohnbauförderungsverordnung und definieren die maximalen Kosten für preisgünstige Wohnungen nach § 49b. Eine Erhöhung der Gesamtinvestitionskosten bei der Wohnbauförderungsverordnung kann also auch zur Verteuerung der preisgünstigen Wohnungen nach § 49b führen.