Rückblick auf die Besichtigung der Wohn- und Gewerbesiedlung Guggach

Was braucht «Wohnen in der Vor- und Nachfamilienphase»? Wie sieht «Einfach wohnen», das dem «Einfach bauen» folgt, aus? Rund 100 interessierte Besucherinnen und Besucher anderer gemeinnütziger Bauträger wollten es bei der Besichtigung am 30. August 2024 genauer wissen. Die Geschäftsführerin Mira Porstmann und die Vize-Präsidentin Marianne Dutli Derron der SEW sowie die von der Stiftung mit dem Auftrag betraute Zür-cher Architektin Tanja Reimer beleuchteten vor der Begehung spannende Aspekte der Siedlung.

Niedrige Mieten beginnen beim Bauen
Die kleinen Wohnflächen und der Ausbaustandard – zum Beispiel durch den Verzicht auf eine zweite Nasszelle und zusätzliche Oberflächenveredelungen – schlagen sich in günstigen Mieten nieder. Ausserdem zeigt ein Blick auf den Wohnungsspiegel, dass die demografischen Veränderungen der Gesellschaft hin zu Kleinhaushalten bereits aufgenommen wurden. So haben von den 111 Wohnungen 76 nur ein bis drei Zimmer. Die Mieten betragen in diesem Bereich zwischen 655 und 1460 Franken. Mietpreisdämpfend wirken bei 36 dieser Wohnungen ausserdem Mietsubventionen: Während die Miete für eine freitragende 3-Zimmer-Wohnung 1460 Franken beträgt, kostet sie subventioniert lediglich 1200 Franken, bei einer 4,5-Zimmer-Wohnung sind es statt 1980 nur 1650 Franken. Für die subventionierten Wohnungen gelten strenge Einkommens- und Vermögenslimiten sowie Belegungsvorschriften, die alle zwei Jahre automatisch überprüft werden. Nebst den kleineren Wohnungen gibt es auch Clusterwohnungen mit bis zu 10,5 Zimmern, die auch neuen Wohnformen, zum Beispiel Gross-WGs für Jung und Alt, Lebensraum bieten.

Verdichtet wohnen, ein Experiment
Die SEW wagte auf dem Guggach-Areal ein paar Experimente. Zum Beispiel hinsichtlich der Wohnungsgrössen: Die Idee, die Wohnungen so klein wie möglich, aber so gross wie nötig zu bauen, führte einerseits zu einem rekordverdächtigen Wohnflächenverbrauch von durchschnittlich 26 Quadratmetern pro Person (Ø Stadt Zürich: 39,6 m²) und andererseits dazu, dass ein paar Wohnungen nicht «subventionsfähig» sind, weil nach den Richtlinien der Wohnbauförderung zu klein. Auch wurden neue Wege beschritten, um das Lärm- und Lüftungsproblem an dieser Lage – direkt an der stark frequentierten Kreuzung Wehntaler-/Hofwiesenstrasse – zu lösen. So sind die Wohnungen zweiseitig, also sowohl zur Park- als auch zur Strassenseite hin orientiert. Und da sich die SEW das Belegungsziel «Zimmer gleich Anzahl Bewohnende» gesetzt hat, war auch bei der Anordnung der Zimmer Einfallsreichtum gefragt. Ob sich die «Knicke» in den Zimmerwänden tatsächlich bewähren, muss sich im Betrieb erst noch zeigen.

CO²-armes Verkehrskonzept, nachhaltige Energieversorgung
Die gesamte Überbauung unterliegt dem Nachhaltigkeitsverständnis und wurde nach den Kriterien von SNBS (Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz) erstellt. Die Bewohnenden der Siedlung Guggach müssen ohne Auto auskommen. Es bestehen lediglich Besucher- und IV-Parkplätze. Stattdessen gibt es Platz für rund 320 Velos. Auch wird die Siedlung Guggach vom ERZ und dem Grossverteiler auf dem Areal mit Fernwärme versorgt und deckt ihren Strombedarf grösstenteils selbst – dank Solarpanels auf den Dächern und sehr markant vorgehängt an der Fassade. Letztere sind optisch sicherlich gewöhnungsbedürftig. Gemäss einem Bericht von TeleZüri sollen sie in der Nachbarschaft sogar polarisieren. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass solche Fassaden in zehn Jahren – weil öfters anzutreffen – kaum noch speziell wahrgenommen werden.

Auf gute Nachbarschaft
Zwar sind die individuellen Wohnflächen relativ klein gehalten. Dieser Umstand wird aber durch zumietbare Zimmer, Atelierräume und verschiedene, grosse Gemeinschaftsräume im Erd- und im Dachgeschoss wieder wettgemacht. So lädt die Gemeinschaftsküche unter dem Dach mit Anschluss an die gemeinsam nutzbare Terrasse zu Nachbarschaftsanlässen ein. Und die Erschliessung durch Laubengänge und Aussentreppen führt ganz alltäglich zu Begegnungen mit den Nachbar:innen. Ausserdem sind in den SEW-Liegenschaften selbst verschiedene Gewerbe, ein Grossverteiler sowie ein Kindergarten untergebracht. Gleich nebenan entstanden zeitgleich und stimmig zum SEW-Wohnprojekt ein Quartierpark und eine Primarschule mit Doppelturnhalle. Die versetzte Anordnung der Gebäude der Stiftung Einfach Wohnen wirkt einladend für Bewohnende und Parkbesuchende und schützt gleichzeitig den Park vor dem Strassenlärm.

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