Medienmitteilung zum Avenir Suisse-Thesenpapier zum Schweizer Wohnungsmarkt

29. August 2023 – gemeinsame Medienmitteilung von Wohnbaugenossenschaften Schweiz und Wohnbaugenossenschaften Zürich

Gezielte Falschaussagen zum gemeinnützigen Wohnungsbau

Avenir Suisse publizierte heute ein Thesenpapier, das angebliche Mythen zum Wohnungsmarkt überprüft, dabei aber gezielt falsche Behauptungen zum gemeinnützigen Wohnungsbauverbreitet.

In der aktuellen Debatte zur Wohnungsnot kursieren vermehrt Falschaussagen, die offenbar das Bild vermitteln wollen, der gemeinnützige Wohnungsbau werde stark mit Steuergeldern subventioniert und sei nicht nachhaltig. «Die Kritik an den hohen Renditen im Wohnungsmarkt und der Ruf nach mehr gemeinnützigem Wohnungsbau machen der Immobilienwirtschaft offenbar Sorgen», sagt Eva Herzog, Ständerätin BS und Präsidentin von Wohnbaugenossenschaften Schweiz. «Anders lässt sich nicht erklären, dass derzeit vermehrt Falschaussagen zum gemeinnützigen Wohnungsbau in Umlauf gebracht werden.»

Selbsttragende Genossenschaften: kein Mythos, sondern die Regel
In der Studie «Mieten und Mythen» analysiert Avenir Suisse acht Mythen zum Wohnungsmarkt, argumentiert dabei aber mit falschen Zahlen und Behauptungen. So wird behauptet, gemeinnützige Wohnbauträger seien nicht selbsttragend, sondern könnten sich nur dank Subventionen der öffentlichen Hand günstig finanzieren. Das stimmt nicht: Schätzungsweise 85 Prozent der gemeinnützigen Wohnungen beanspruchen keinerlei Förderung. Und die wenigen Förderinstrumente des Bundes – rückzahlbare Darlehen und Bürgschaften – kosten die Steuerzahlenden keinen Rappen. Auch Baurechte werden gerne als Beispiel für Subventionierungen angeführt. Aufgrund der vielen preismindernden Auflagen sind diese gemäss Wüest Partner nur bedingt als Subventionierung zu betrachten. Korrekterweise stellen die Autoren fest, dass die Mietzinse der Genossenschaften insbesondere dank dem Verzicht auf die Bodenrente so günstig sind. Im haarsträubenden Umkehrschluss leiten sie dann allerdings ab, dass Genossenschaften stark von der Bodenspekulation profitieren.

Flächenkonsum nachweislich tiefer
Auch wird im Thesenpapier behauptet, gemeinnützige Bauträger seien weniger nachhaltig, weil die bauliche Dichte ihrer Siedlungen tiefer sei als diejenige gewinnorientierter Investoren. Eine nationale Studie des Forschungsbüros Sotomo beweist das Gegenteil: Sowohl der Wohn- als auch der Grundflächenverbrauch ist bei gemeinnützigen Wohnungen schweizweit gesehen deutlich tiefer. Die Autoren beschränken ihre Analyse auf Daten aus der Stadt Zürich. In Zürich stammt etwa die Hälfte der genossenschaftlichen Wohnungen aus den Jahren 1919 bis 1960, in denen die erlaubte Ausnützung viel tiefer war. Seit der Jahrtausendwende investieren Wohnbaugenossenschaften stark in Ersatzneubauten und verdichten ihre Siedlungen. Der Landverbrauch pro Kopf in Ersatzneubauten liegt bei aktuell bei 11,4 m2 pro Person (siehe Grafik) und ist damit viel tiefer als bei gewinnorientierten Investoren. «Mit der Kritik am angeblich zu hohen Landverbrauch fordert Avenir Suisse eigentlich nichts anderes, als dass Wohnbaugenossenschaften ihre Wohnungen vorzeitig abreissen sollen», erklärte Andreas Wirz, Präsident von Wohnbaugenossenschaften Zürich an der heutigen Podiumsdiskussion anlässlich der Präsentation des Thesenpapiers. «Das hätte nicht nur einen massiven Verlust an bezahlbarem Wohnraum zur Folge, sondern würde unnötig graue Energie vernichten und wäre alles andere als nachhaltig.»

Wohneigentum ist nicht die Lösung
Die Autoren der Studie kommen zum Schluss, dass mehr Wohneigentum die beste Lösung gegen die Wohnungsnot wäre, weil ein Eigenheim eine Absicherung gegen steigende Mieten sei. Sie blenden dabei aus, dass Wohneigentum sehr viel Fläche und Ressourcen verbraucht und die Zersiedelung und den Individualverkehr fördert. Noch pikanter ist, dass sie dabei mit keinem Wort erwähnen, dass das selbstgenutzte Wohneigentum – im Gegensatz zum gemeinnützigen Wohnungsbau – durch steuerliche Vergünstigungen und Abzüge massiv subventioniert wird. Allein der Bund verzichtet jährlich auf Steuereinnahmen von rund einer Milliarde Franken.

«Auch wenn die Autoren der Studie etwas anderes behaupten: Nicht mehr Wohneigentum, sondern mehr gemeinnütziger Wohnraum wäre nötig für eine gute und nachhaltige Wohnraumversorgung», betont Eva Herzog. «Nicht nur, weil gemeinnützige Wohnungen dank dem Verzicht auf die Bodenrente viel günstiger sind als andere Mietwohnungen und weniger Fläche und Boden verbrauchen. Sondern auch, weil sie Antworten liefern auf eine Reihe von weiteren ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen.»


Weitere Informationen:
Mieten und Mythen: Acht Thesen zum Schweizer Wohnungsmarkt auf dem Prüfstand. Avenir Suisse, 29.8.2023
Baurecht unter der Lupe. Wüest Partner AG, im Auftrag des BWO, 2017
Gemeinnütziges Wohnen im Fokus: Ein Vergleich zu Miete und Eigentum. Sotomo, im Auftrag des BWO, 2017

 

Pressekontakte
Eva Herzog, Präsidentin Wohnbaugenossenschaften Schweiz: 079 790 34 79, eva.herzog@parl.ch
Andreas Wirz, Präsident Wohnbaugenossenschaften Zürich: 076 506 93 43 Tel., andreas.wirz@wbg-zh.ch
Medienstelle Wohnbaugenossenschaften Schweiz: 044 360 26 66, rebecca.omoregie@wbg-schweiz.ch

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