Rund 130 Interessierte aus den Bereichen Gemeinwesenarbeit und Soziales, Alters- und Generationenwohnen nahmen am 18. Mai 2021 an der Online-Veranstaltung «Generationensolidarität und Generationenwohnen» von Wohnbaugenossenschaften Schweiz und dem Zürcher Regionalverband teil.
Urs Hauser, Direktor des Dachverbands leitete die Veranstaltung mit einer These ein: Das Generationenwohnen gewinnt in der Schweiz stark an Bedeutung. Die Entwicklung und die zahlreichen Initiativen und Projekte der letzten Jahre weisen jedenfalls darauf hin.
Pasqualina Perrig-Chiello, emeritierte Professorin der Uni Bern, stellte anschliessend die Schlagzeilen der vergangenen Wochen und Monate einander gegenüber und fragte, ob es nun ein Generationenkrieg oder eine Generationensolidarität sei, was uns gerade durch die Pandemie trage. Für sie sei der Generationenkrieg ein mediales Phänomen. Die Zahlen zeigten ein ganz anders, viel solidarischeres Bild der Gesellschaft. Diese sei nach wie vor intakt, jedoch sei es heute mehr ein Nebeneinander denn ein Zusammenleben. Auch sieht sie die Probleme etwas anders gelagert. So sei die Einsamkeit die Pandemie der Zukunft. Davon zeuge die schnell wachsende Zahl bei den 1-Personen-Haushalten. Auch wies sie darauf hin, dass die Care-Arbeit heute hauptsächlich in Frauenhänden sei.
Elias Rüegsegger, Initiant von «und – das Generationentandem», konkretisierte anschliessend die Herangehensweise. Gerade bei Generationenprojekten sei es wichtig, dass der Generationenaspekt in den Hintergrund trete. Dies gelinge durch die Überzeugung, dass alle wichtig sind, dass es alle braucht und dass man sich deshalb auf Augenhöhe begegne. Bei seinen Projekten habe er ausserdem den Ur-Ur-Enkel-Test eingeführt, der jede aufkommende Idee auf seine soziale und ökologische Nachhaltigkeit prüfe.
Im Anschluss wurden drei Generationenprojekte in aktuell unterschiedlichen Reifegraden präsentiert: das Generationenhaus Hasliberg, die Gewo Burgdorf und das Mehrgenerationenhaus Giesserei in Winterthur (siehe Präsentation). Letzteres ist realisiert und verfügt bereits über neun Jahre Alltagserfahrung. Es habe sich einmal mehr bewahrheitet, dass sich Gemeinschaft als Gefühl nicht verordnen lasse, so Elly Brenner, Bewohnerin und Mitglied des Führungsteams der Giesserei. Aber man könne die Bewohnenden sehr wohl zu 30 Stunden Einsatz pro Jahr für die Genossenschaft verpflichten.
Um Erfolg und Veränderungen bei solchen Projekten zu untersuchen und zu dokumentieren lancierte das ETH Wohnforum zusammen mit der Age-Stiftung das Studien-Projekt «Generationenwohnen – von der Intention zur gelebten Umsetzung». Marie Glaser (ETH Wohnforum) und Ullrich Otto (Age-Stiftung) erläuterten, warum dieses Projekt auf einen Zeitraum von drei Jahren angelegt ist. Sie gingen davon aus, dass sich erst nach etwa fünf Jahren Betrieb und Erfahrung fundierte Erkenntnisse herauskristallisierten und sichtbar werde, welche Projekte Selbstläufer würden und welche immer wieder kleinere oder grössere Impulse benötigten. Bei der Auswahl habe man aber schon eine erste erfreuliche Erkenntnis gewonnen: Das Thema Generationenwohnen sei schon viel weiter als zunächst angenommen und mitten in der Gesellschaft angekommen.
Der gemeinnützige Wohnungsbau, aber auch Städte und Gemeinden dürfen gespannt auf die Resultate dieser Studie und die gebaute Realität der nächsten Jahre blicken.